Über kaum einen Wert im Immobilienbereich gibt es so viele widersprüchliche Aussagen wie über den Bodenrichtwert.
Auch für Ihr Grundstück gilt der Bodenrichtwert, allerdings nur wenn dieses in einer sogenannten Bodenrichtwertzone liegt. Doch bereits hier beginnen die Fehlinterpretationen. So wird häufig für eine schnelle Werteinschätzung ohne Sachkenntnis ein Quadratmeterpreis mit der zu errichtenden Wohnfläche vermischt. Die Folge: falsche Zahlen, unrealistische Einschätzung.
Der vom Gutachterausschuss veröffentlichte Bodenrichtwert, z. B. 1.600 / 0,6 W, besteht immer aus mehreren Zahlen und einem Buchstaben. Vor allem die Zahl und der Buchstabe hinter dem Schrägstrich haben wichtige Bedeutungen, die vielen Grundstückseigentümern leider nicht bewusst sind. So entstehen massive Fehleinwertungen des Grundstücks.
Die Zahl hinter dem Schrägstrich gibt an, wie hoch üblicherweise die zu erwartende Neubebauung auf dem Richtwertgrundstück sein wird.
Da München fast im Alleingang die Umstellung der Angaben auf die sogenannte WGFZ (wertrelevante Geschossflächenzahl) beschlossen hat, muss auch dieser Faktor genau betrachtet werden. Die Bodenrichtwerte bilden die Möglichkeiten der baulichen Nutzung auf die wertrelevante Geschossflächenzahl (WGFZ) ab. Der Buchstabe „W“ steht in unserem Beispiel für individuelles Wohngebiet mit Ein- bis Dreifamilienhäusern und kleinere Eigentumswohnanlagen.
Bei der Wertermittlung liegt ein wesentliches Augenmerk auf diesen drei Faktoren.
Doch auch Lasten, wie ein eingetragener Nießbrauch, werterhöhende Rechte, verkehrsbedingte Imissionen, Emissionen oder Bodenbelastungen sind für den tatsächlichen Wert von Bedeutung.
Ebenso kann ein Denkmalschutzobjekt oder ein Reihenhaus mit Ensembleschutz den Bodenrichtwert erheblich beeinflussen.
Die Bodenrichtwerte werden gemäß § 193 Abs. 5 BauGB vom zuständigen Gutachterausschuss für Grundstückswerte nach den Bestimmungen des BauGB und der ImmoWert ermittelt.
Als Grundlage für die Ermittlung der Bodenrichtwerte dient die vom Gutachterausschuss geführte Kaufpreissammlung. Diese bezieht sich auf bereits in der Vergangenheit stattgefundene Verkaufsfälle, jedoch immer ausgehend von einem unbebauten Grundstück. Die Ermittlung des korrekten Bodenrichtwertes ist daher vor allen Dingen für Grundstücke eine Herausforderung, die mit einem älteren Einfamilienhaus bebaut sind und einer neuen Wohnbaulandnutzung zugeführt werden sollen.
Dabei wird beim Richtwertgrundstück von einem baureifen und erschließungsbeitragsfreien Grundstück ausgegangen. Gibt es in einem Gebiet viele Verkaufsfälle so ist der Wert als aktuell zu betrachten. Gibt es wenig oder gar keine Verkaufsfälle so verändert sich der Wert des Bodenrichtwertes nicht.
Wie der Name „Richtwertgrundstück“ schon sagt, handelt es sich um einen Quadratmeter-Wert für ein in der Richtwertzone liegendes Grundstück, welches lagetypische Merkmale aufweist, wie z. B. Länge, Breite und Durchschnittsgröße.
Der Überblick ist nicht ganz einfach, denn die Unterschiede sind groß. In manchen Münchner Stadtteilen sind Grundstücke quadratisch und mit einem Doppelhaus bebaut. In Trudering wiederum gibt es ganze Viertel in denen Grundstücke durchschnittlich 15 Meter breit, jedoch bis zu 54 Meter lang sein können. Das bedeutet, dass ein Grundstück in dieser Bodenrichtwertzone üblicherweise eine homogene Struktur zu den umliegenden Grundstücken beziehungsweise deren Bebauung hat. In Bogenhausen hingegen gibt es eine Mindestgröße für Villengrundstücke.
Für den tatsächlichen Grundstückswert wirkt sich jede Abweichung vom Richtwertgrundstück entweder wertsteigernd oder wertmindernd aus. Der Bodenrichtwert muss also immer für den individuellen Einzelfall errechnet werden.
Vor allem bei der Wertermittlung für ein Grundstück, das mit einem abbruchreifen Gebäude oder einem Doppelhaus bebaut ist, kann der Blick in die Bodenrichtwertkarte einen ersten Einblick geben.
Eine aussagekräftige Berechnung und korrekte Einschätzung sollte in jedem Fall durch einen sachkundigen Verkehrsermittler erfolgen.